Mit dem Rauchen aufhören? Häufiger joggen? Ein paar Pfunde loswerden? Neben den üblichen Neujahrsvorsätzen gewinnt ein weiterer immer mehr an Beliebtheit: weniger Zeit auf Facebook & Co. zu verschwenden und sich stattdessen für einen bewussten Umgang mit guten Inputs zu entscheiden – oder kurz: Digital Detox. Dieses heiße Eisen packte Johannes Kleske, Gründer der Berliner Unternehmensberatung Third Wave, beim ersten „Donnerstalk“ im neuen Jahr an. [Ein Beitrag von Bettina Kaus, Sprachschaetze.de. Übrigens. Die Videos der bisherigen Donnerstalks findest du bei Vimeo oder Youtube]
„Warum fühlt sich das eine komisch an? Und das andere nicht?“
Digitaler Medienkonsum ist jederzeit und überall verfügbar – und wir alle spüren, dass diese Entwicklung nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch ist. Doch was sind das eigentlich für Probleme, die wir da haben? Dieser Frage geht der bekennende „Medienjunkie“ anhand überraschender Fakten, eigener Erlebnisse und erstaunlicher Beobachtungen auf den Grund. So fragt er sich zum Beispiel, warum es uns stört, wenn alle Menschen, die an einer Bushaltestelle stehen, auf Ihr Smartphone starren: „Ich stelle mir dann vor, was wäre, wenn sie ein Buch oder eine Tageszeitung in der Hand hätten. Warum fühlt sich das eine komisch an? Und das andere nicht?“
Was uns einschränkt: Angst vor Veränderung und ein dualistisches Weltbild
Bei dem Versuch, sich dem Phänomen des digitalen Konsums zu nähern, stehen wir uns oft selbst im Weg, so der Trendanalyst. Wir sind per se veränderungsunwillig, und lehnen deshalb oft ab, was wir nicht verstehen. Und wir neigen zu einem dualistischen Weltbild, das zwischen der Online- und der physischen Welt unterscheidet, wodurch wir zu sehr vereinfachen. Stattdessen sollten wir versuchen, zu verstehen, bevor wir urteilen – um uns nicht mehr machtlos ausgesetzt zu fühlen. Johannes Kleske zitiert aus Ramez Naams Roman „Nexus“: „To understand a thing is to gain the power to change it.“
Casino und Ernährung – zwei nützliche Metaphern
Zwei Metaphern hätten ihm selbst dabei geholfen, zu begreifen, wie der Konsum digitaler Medien funktioniert: Die des Casinos, das perfekt darauf ausgerichtet ist, die Spieler in einen Flow-Zustand zu versetzen, der ein zutiefst menschliches Bedürfnis sei. Und die der Ernährung – bei der wir auf Ausgewogenheit achten müssten und schnell feststellten, dass radikales Fasten nur über einen bestimmten Zeitraum funktioniere.
Für Johannes Kleske sind es vor allem zwei Dinge, die uns am digitalen Medienkonsum stören: zum einen die Informationsflut und das Gefühl, sie nicht mehr bewältigen zu können, zum anderen die digitale Ablenkung. Für beides hat der Experte für digitale Kommunikation ein paar handfeste Tipps.
JOHANNES KLESKES TIPPS ZUM UMGANG MIT DER INFORMATIONSFLUT:
- Aufgeben! Wir haben ohnehin keine Chance, alles zu lesen. Wir haben Angst, etwas zu verpassen, doch die Realität ist: Wir verpassen ständig alles. Damit sollte man entspannt umgehen.
- Mit dem Meditieren anfangen. Nichts hat Johannes Kleske selbst so sehr geholfen wie die Achtsamkeitsmeditation, bei der man sich auf den eigenen Atem konzentriert. Er empfiehlt die App „Headspace“.
- Beobachten und reflektieren – denn der erste Schritt zur Veränderung von Verhalten ist das Beobachten von Verhalten. Zum Beispiel mit „Rescue Time“, einer App, die trackt, wie viel Zeit man mit was auf seinem Rechner verbringt.
- Sich einen „digitalen Ernährungsplan“ zusammenstellen: Wie viel Unterhaltung will ich? Und wie viel von dem, was mich schlauer macht und was ich anwenden kann? Erst, wenn man weiß, wo man hinwill, weiß man, wie weit man davon abgekommen ist.
- Den Zufall walten lassen, um Neues zu entdecken. So entkommen wir der eigenen „Filterbubble“, die entsteht, wenn wir uns nur für das interessieren, was unsere Freunde posten – denn diese mögen und denken Ähnliches wie wir selbst.
… UND ZWEI ZUSATZ-TIPPS ZUM UMGANG MIT DER DIGITALEN ABLENKUNG:
- Komplett Abschalten nützt nichts, denn irgendwann ist man ohnehin wieder online. Nur für bestimmte Phasen abzuschalten – wie zum Beispiel am Wochenende oder im Urlaub – kann dagegen hilfreich sein.
- Alle Benachrichtigungen ausschalten. Und sich dann anschauen, was man eigentlich verpasst.
Außerdem empfiehlt Johannes Kleske die Bücher „The Information Diet“ von Clay A. Johnson und „Die granulare Gesellschaft“ von Christoph Kucklick.
Auch im Februar gibt es im heimathafen wieder „talk + idea + beer“. „Gaming 2.0 – analog meets digital“ ist das Thema des nächsten „Donnerstalk“ am 5.2.2015. Anmeldung und Infos wie immer direkt im Facebook-Event (auch für nicht Facebooker einsehbar).
[Der Beitrag von Bettina Kaus ist auch erschienen bei www.rhein-main-startups.com]. Die Videos der bisherigen Donnerstalks findest du bei Vimeo oder Youtube.